Information vom 23.09.00
Umgehungsstraße von Jockgrim Die Umweltverbände BUND und GNOR (Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie in Rheinland-Pfalz) sowie eine Gemeinschaft privater Gegner der Ortsrandstraße Jockgrim haben Anfang Juni 2000 mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) in Koblenz einen Teilerfolg erreicht. |
Allerdings können die beiden Verbände diesen Erfolg nur in der Sache, nicht aber formal verbuchen. Das OVG hat nämlich daran festgehalten,
dass Naturschutzverbände nicht befugt sind, Normenkontroll- Anträge zu
stellen. Dies gilt auch für planfeststellungsersetzende Bebauungspläne und wenn der betreffende Verband nach Landesnaturschutzrecht Klagebefugnis bei Planfeststellungsverfahren hat.
Um so wichtiger war und ist der über Jahre andauernde enge Kontakt zwischen Verbänden und privaten Klägern in einer Interessen- Gemeinschaft gegen die Ortsrandstraße. In dem Urteil hat das OVG den Bebauungsplan zu dem bereits realisierten Teil 1 der Ortsrandstraße (K10) für "nicht wirksam" erklärt, da das naturschutzrechtliche Kompensationsgebot nicht eingehalten werde. Insbesondere wurde bemängelt, dass der im landschaftspflegerischen Planungsbeitrag vorgesehene Bestandsschutz von bereits hochwertigen Flächen nicht als Kompensationsmaßnahme geltend gemacht werden kann. Die von den Klägern geforderte Feststellung der "Nichtigkeit" des betreffenden Plans wurde vom Oberverwaltungsgericht aber abgelehnt, "da der Mangel in einem ergänzenden Verfahren behoben werden" könne. Trotz dieses Teilerfolgs wird mit dem Urteil nach Ansicht der Umweltverbände und der Privatkläger der besonderen Naturschutzwürdigkeit des Gebietes nicht ausreichend Rechnung getragen. Da ein Großteil der betreffenden Flächen potentielles FFH-Gebiet (und zumindest teilweise nach Brüssel gemeldet) ist, hätte eine vom Gesetz geforderte FFH-Verträglichkeitsprüfung erfolgen müssen. Nach Überzeugung der Interessengemeinschaft liegen keine zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vor, die nach Bundesnaturschutzgesetz einen Eingriff in die europaweit bedeutsamen Schutzgebietsflächen rechtfertigen könnten Denn es gibt sehr viel wirksamere Alternativen, um die innerörtlichen Verkehrsprobleme in den Griff zu kommen und den Durchgangsverkehr dauerhaft auf das umliegende übergeordnete Straßennetz (B9, A65) zu verlagern. Dies sind ein gut vertakteter Stadtbahnanschluss sowie Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung im Ort und zur Verkehrslenkung. (Lageplan vergrößert bitte Bild anklicken) Durch die Realisierung des ersten Teils der Ortsrandstraße hat bisher lediglich eine innerörtliche Verkehrsverlagerung stattgefunden, die - auf den gesamten Ort betrachtet - keine Verbesserung der Verkehrssituation ergab. Bei Realisierung des zweiten Teilabschnittes ist sogar mit einer zusätzlichen Verkehrsinduktion in den Ortsrandbereich zu rechnen, da die geplante Straße bestens geeignet ist, auch überörtlichen Verkehr aufzunehmen, der bisher noch über die Autobahn fährt. Damit entstünden weitere Zusatzbelastungen in Form von Lärm und Schadstoffen auf ortsrandnahe Wohngebiete und schützenswerte Naherholungsräume von Jockgrim. In diesem Zusammenhang wurde von der Interessengemeinschaft auch die durchgeführte Abschnittsbildung bei Planung und Bau der Umgehungsstraße gerichtlich angefochten. Denn durch die bereits erfolgte Realisierung des ersten Teils der Ortsrandstraße wurden Sachzwänge geschaffen, die nun den Druck auf den Bau von Teil II erhöhen. Bei Realisierung des zweiten Teilabschnittes sind aber noch gravierendere Eingriffe in Natur und Landschaft zu befürchten, als bereits bei Teil I. Dies hätte nach Meinung der Gegner der Straßenbaumaßnahme bereits im Vorfeld der Planungen zum ersten Bauabschnitt Berücksichtigung finden müssen. Vom Gericht wurde diese Auffassung nicht bestätigt. Dem Urteil zufolge ist eine abschnittsweise Planung zulässig, wenn der Realisierung des folgenden Teilabschnittes "keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen". Die Abwägung für den zweiten Teil muss dabei nicht "in allen Einzelheiten vorweggenommen werden". Die Interessengemeinschaft gegen die Ortsrandstraße wird nun darüber wachen, dass die vom OVG geforderten Nachbesserungen in Kürze realisiert werden. Andernfalls wird erwogen, die Straße per einstweiliger Anordnung sperren zu lassen. Es wird geprüft, inwiefern hierzu die rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind. Außerdem läuft beim Innenministerium derzeit ein Abweichungsverfahren nach Landesplanungsgesetz, da Teil 2 der Ortsrandstraße gegen landesplanerische Vorgaben verstößt. Eine weitere Möglichkeit, den Bau des zweiten Straßenabschnittes doch noch zu verhindern, erhofft sich die Interessengemeinschaft vom Einlegen einer EU-Beschwerde, wegen Verstoßes gegen die FFH-Richtlinie. Neben der Straßenbaumaßnahme selbst wird angeprangert, dass bereits die Meldung potentieller FFH-Gebiete nach Brüssel für diesen Bereich unvollständig war und nicht dem ursprünglichen Vorschlag des Landesamtes für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht entsprach.
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