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Zustände, die nicht im "öffentlichen Interesse" sind

Die Pirmasenser Müllverbrennungsanlage ist nicht nur wegen maßloser Überdimensionierung ins verwaltungsgerichtlich bestätigte Kreuzfeuer der Kritik geraten. Auch ein unglaubliches Missmanagement trägt bei zu der hohen Gebührenlast für die Bürger im Bereich des 6 Gebietskörperschaften umfassenden "Zweckverbandes Abfallverwertung Südwestpfalz (ZAS)".

"Darf es sein, dass ein Privatunternehmen ohne jegliches Risiko Millionen verschleudern kann, weil ihm der Staat als Gebühren eintreibender Büttel bereitwillig den Rücken freihält?", fragte ein Sprecher des BUND Rheinland-Pfalz, nachdem aus äußerst solider Quelle Fakten über unternehmerische Fehlentscheidungen und Fehlinvestitionen in die Anlagentechnik bekannt worden sind. Hierzu zählen unter anderem:

 

Allein die geplante Kochsalzproduktion verschlang eine Investition von 24 Millionen Mark; die Fehlinvestition verursacht für Abschreibung und Zinsen eine jährliche Belastung von rund zwei Millionen Mark.
Hinzu kommen aus diesem Anlagenteil weitere auf den Gebührenzahler abzuwälzende jährliche Belastungen:
Reparatur- und Instandhaltungskosten in Höhe von 705.000 DM, Personalkosten von ca. 300.000 DM, 148.000 DM Betriebskosten und 212.000 DM Entsorgungskosten. Außerdem entstehen Abwasserkosten in unbekannter Höhe.

So wurden im Jahr 1999 von der angefallenen Energie nur ca. 60 Prozent in das Netz der Stadtwerke Pirmasens geliefert. Für den Verbleib der restlichen 40 Prozent in einem Umfang von 32.000 MWh existiert kein Nachweis. Damit fehlt jeglicher Beleg über die Verwendung von produzierter Energie im Wert von 1,62 Millionen Mark.

Die Summe des in diese Fehlinvestition gesteckten Kapitals bleibt unbekannt. Im Übrigen ist eine solche Einrichtung sowieso überflüssig, da es wesentlich sinnvollere Verwertungsmöglichkeiten für Klärschlämme aus dem ländlichen Raum gibt.

"Das also kommt heraus wenn man eine Dienstleistung ohne Not und in Treu und Glauben einem Dritten überlässt", sagte ein Sprecher des BUND Rheinland-Pfalz.

Weiter ist zu bemerken, dass schon bei einzügiger Bauweise eine Verbrennungskapazität entstanden wäre, die über das im ZAS-Gebiet verfügbare Abfallvolumen von 80.000 Jahrestonnen weit hinausgeht.

Bei dem derzeitigen Müllaufkommen ist die Pirmasenser Anlage im Augenblick gerade mal mit 36 Prozent ausgelastet. Zu dieser Annahme muss man kommen, wenn man die 8 Prozent Reservekapazität (jährlich 4 Wochen Stillstand für Revisionsarbeiten) berücksichtigt. Diese würden wegfallen bei einer sich anbietenden Kooperation mit der - ebenfalls von der Sotec-Betriebsgesellschaft unterhaltenen - Anlage im nur ca. 20 Kilometer entfernten Neunkirchen/Saar.
Unter diesem Gesichtspunkt kommt man auf eine nutzbare Kapazität von sogar 222.000 Jahrestonnen.

Das Schlimme ist, dass die ganze Auslastungsproblematik bisher von den Verantwortlichen schöngeredet wurde.

Die Fakten, die diese Behauptung eines krassen Missmanagements stützen, entstammen bestens unterrichteten Quellen. Auch dem rheinland-pfälzischen Umweltministerium sowie den politisch Verantwortlichen des ZAS sind sie bekannt, und zwar durch ein bereits im Herbst letzten Jahres fertiggestelltes und mit Steuergeldern finanziertes 100.000-Mark-Gutachten der Unternehmensberater Ernst & Young.

Um aus all dem für die Gebührenzahler Nutzen ziehen zu können, müsste sich der ZAS mit der Betreiberfirma Sotec auseinandersetzen, um zumindest eine Vertragsmodifikation zu erreichen.
Das Vertragswerk, das auf zwei Jahrzehnte die Verhältnisse zwischen Betreibergesellschaft, gebührenzahlenden Bürgern und dem ZAS zementiert, ist in den Augen des BUND sittenwidrig.

Mit seinem bisherigen Vorgehen sieht sich der BUND als der eigentliche "Anwalt des öffentlichen Interesses". Denn einer vom BUND unterstützten Musterklägerin aus dem ZAS-Landkreis Germersheim hat ein Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt/Wstr. bereits zugestanden, dass die Höhe der ihr abverlangten Müllgebühren zu korrigieren sei wegen der für die Planer durchaus voraussehbaren Überkapazitäten der Pirmasenser MVA. Gegen diese Entscheidung hat der unterlegene Landkreis auf Druck von ZAS und Umweltministerium Rheinland-Pfalz beim Oberverwaltungsgericht Koblenz Berufung eingelegt. Die dort im Sommer 2001 anstehende Entscheidung dürfte von bundesweitem Interesse sein.


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